Sonntag, 6. Juni 2010

Als Tessa nicht nach Hause wollte....

Angst bei Hunden ist wirklich kein Zuckerschlecken.

Ich hatte in letzter Zeit manchmal Momente in denen ich mir Gedanken machte, wie mein Hundeleben jetzt aussehen würde, hätte ich mich für Baldwin entschieden, nicht für Beryll. Baldwin war der ruhigste und zurückhaltendste des Silversnuggle-Wurfs. Er war zwar nicht ängstlich, hielt sich aber immer im Hintergrund, während Fridolin immer Mitten im Geschehen und sehr aufbrausend war / und ist.

Das gute an einem selbstbewussten Hund ist, dass er praktisch keine Angst hat.
Vor nichts.
Zumindest Fridolin nicht.
Was nicht immer gut ist - denn er spielt oft mit dem Feuer.

Er lässt sich allerdings sehr gut korrigieren. Die Korrektur zeigt nicht immer sofort sichtbaren Erfolg - aber nach einigen Tagen hat ers kapiert und ist "ausgebessert".

Gestern ging ich wieder mal in eine unserer Lieblingshundezonen in Wien - einem eingezäunten Grünstück in einem Park mit guter Auslaufmöglichkeit, Bäume, Sträuchern und generell sehr vielen anderen Hunden.

Ich lernte eine Dame mit einer weißen Schäferhündin kennen, Tessa - die sich gut mit Fridolin verstand. Tessa ist ein Jahr alt und kommt aus einem Verein namens "Welpen in Not" aus Niederösterreich. Als die Dame gehen wollte, ließ sich Tessa nicht und nicht einfangen. Die Dame machte auch so ziemlich alles falsch, was geht: Ständig den Namen rufen, direkt auf den Hund zugehen, der immer wegsatzte, nachlaufen und dabei immer wütender werdend (was aus menschlicher Sicht durchaus verständlich war).

Nach einiger Zeit beschlossen ein anderer Hundebesitzer und ich in die Situation einzugreifen, da die Dame wirklich am Verzweifeln war. Leichter gesagt, als getan. Wir probierten all die klassischen Dinge: Leckerchen, unauffällig und ohne Blickkontakt an sie ranarbeiten, sich mit anderen Hunden interessant machen und sie 15 Minuten allein lassen, in der Hoffnung, dass sie freudig auf ihre Besitzerin zugerannt kommt.

Nichts half.

Zufälligerweise kam eine Hundezüchterin mit ihren 4 Jagdhunden, die auch Hundepsychologin ist und bei Problemfällen hilft. Drei Stunden verbrachten wir damit, Tessa zu überreden, zu treiben (damit sie vor uns zu ihrer Besitzerin flüchtet, uvm - natürlich alles sehr sanft).

Fridolin tapste mir eine Stunden hinterher, als wir Tessa versuchten in die Enge zu treiben und war irgendwann schon total fertig, haha. (Ich konnte ihn dann überreden, unter der Bank im Schatten ein Stündchen zu schlafen).

Nach einigen Stunden war der Hund natürlich sehr unter Stress, klar. Und sehr müde. Trotzdem blieben wir ohne Erfolg. Wir ließen Tessa dann eine Stunde in Ruhe, es war aber schon klar, dass Tessa heute nicht mehr aus freiwilligen Stücken kommen würde. Ich schaffte es sogar, dass sie mir Leckerchen aus der Hand nahm - allerdings machte sie es ganz schnell und satzte sofort weg, wenn sie das Stückchen im Maul hatte. Wir wollten auch nicht schnell nach ihr greifen, um ihr nicht noch mehr Angst zu machen.

Das "interessante" war, dass Tessa durchaus auf die Dame fixiert war, allerdings zu große Angst hatte von ihr angefasst zu werden. Sie erzählte uns, dass Tessa sehr ängstlich sei, dabei aber niemals aggressiv. Tessa ist zu anderen Hunden sehr aufgeschlossen, hat aber große Scheu vor Menschen. Die Dame hatte seit vielen Jahren Hunde, war aber mit so einem Hund noch nie konfrontiert. Sie erzählte uns auch unter Tränen, dass die Leute manchmal glaubten, sie schlage den Hund, anders sei das Verhalten nicht zu erklären...

Nach weiteren 3 Stunden wurde sie dann gewaltsam eingefangen, als letzte Möglichkeit. Alle waren sich bewusst, dass diese Methode natürlich nicht helfen würde, dem Hund die Angst zu nehmen, aber alle sanften Methoden halfen nicht.

Die Tierpsychologin arbeitete dann eine Taktik aus, wie man Tessa die Angst vor dem Kommen nehmen kann - mit Schleppleinentraining.

Was will ich mit dieser ewig langen Geschichte sagen?

Die gute Sozialisierung ist unfassbar wichtig. Ich muss hier ein großes Kompliment an Christina und Jürgen aussprechen. Ich habe Fridolin perfekt sozialisiert bekommen - und er war von Anfang an sehr lernfreudig.

Auf der Hundewiese ist er mittlerweile auch nicht mehr so aufbrausend. Als es zwei ernsthafte Streitereien zwischen ein paar Rüden in seiner unmittelbarer Nähe gab und ich ihn rief, kam er sofort angelaufen um bei mir Schutz zu suchen.

Er hört sehr gut auf Kommandos, mittlerweile sogar unter Ablenkung - und Leute sprechen mich regelmäßig darauf an, in welche Hundeschule ich mit ihm gehe. Meine Antwort ist dann immer: Ich bin seine Hundeschule. (Stefi und Wiwi sind auch seine Hudneschule, haha).

Natürlich ist Fridolin jetzt noch sehr jung und er wird sicher bald versuchen, mich wieder herauszufordern. Trotzdem fürchte ich mich davor nicht mehr. Wir sind ein gutes Team geworden und ich weiß, wie ich ihn handeln muss. Und auch wenn ich ständig meckere, dass er der schlimmste Whippet auf diesem Erdball ist... eigentlich ist er eh sehr brav. Man braucht manchmal erst den Vergleich zu anderen Hunden und deren Besitzern, um das zu realisieren... 

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